Testosteron spielt eine wesentliche Rolle in der Entwicklung und Aufrechterhaltung der männlichen reproduktiven und sexuellen Funktionen.
Klinischer Hintergrund
Der männliche Hypogonadismus ist ein durch Androgenmangel verursachtes klinisches Syndrom, welches verschiedene Organfunktionen und die Lebensqualität negativ beeinflusst. Die Inzidenz des Testosteronmangels nimmt mit dem Alter zu (jährlicher Rückgang des zirkulierenden Testosterons von ca. 0,4–2,0 %) und tritt häufiger bei Männern mit Adipositas, metabolischem Syndrom oder mit chronischen Erkrankungen (Diabetes mellitus, COPD, Nierenerkrankungen) auf. Ein Testosteronmangel kann zu einer geringeren Fertilität, sexueller Dysfunktion, verminderter Muskelbildung und Knochenmineralisierung sowie zu Störungen des Fettmetabolismus und kognitiver Dysfunktion führen und die Lebensqualität sowie das Wohlbefinden beeinträchtigen.
Dabei variieren die Symptome in Abhängigkeit von Alter bei Krankheitsbeginn, Dauer und Ausmaß des Mangels. Bei entsprechenden klinischen Symptomen kann der Verdacht auf einen Testosteronmangel durch eine Hormonbestimmung im Serum bestätigt werden.
Therapie
Bei bestätigtem Testosteronmangel (zwei Laborbestimmungen mit Abstand von mind. 2 Wochen) und klinischer Symptomatik ist eine Testosteronbehandlung indiziert. Ziel dieser Therapie sollte eine Verbesserung der klinischen Symptome bei Wiederherstellung physiologischer Testosteronspiegel sein. Eine Testosteron- behandlung führt zu einer deutlichen Suppression der Spermienproduktion und ist daher bei bestehendem Kinderwunsch kontraindiziert.
Labordiagnostik
Testosteron liegt im Blut überwiegend an Proteine gebunden vor, hauptsächlich in fester Bindung an SHBG (Sexualhormon-bindendes Globulin), zu etwa 30 % in weniger fester Bindung an Albumin und nur zu ca. 2 % als freies, ungebundenes Testosteron. Da nur der freie Anteil biologisch aktiv ist, ist für die laborchemische Diagnosesicherung eines Testosteronmangels die Bestimmung des freien Testosterons wichtig. Der Goldstandard für die Bestimmung des freien Testosterons, die Gleichgewichtsdialyse, ist für die Routinediagnostik zu aufwendig und unpraktikabel. Die direkte Bestimmung des freien Testosterons weist eine große Fehlerbreite auf und ist daher nicht zu empfehlen. Nach der Formel von Vermeulen kann das freie Testosteron aus den Konzentrationen von Gesamt-Testosteron, SHBG und Albumin berechnet werden.
Dabei kann in den meisten Fällen eine definierte Albuminkonzentration verwendet werden, ohne dass es zu signifikanten Abweichungen beim berechneten freien Testosteron kommt. Dieses berechnete freie Testosteron zeigt eine gute Übereinstimmung mit den durch Gleichgewichtsdialyse ermittelten Werten.
Um zwischen normalen Spiegeln und solchen, die möglicherweise mit einem Mangel assoziiert sind, zu unterscheiden, wurden aus vier großen Stichproben der erwachsenen Allgemeinbevölkerung Referenzbereiche für den unteren normalen Gesamt-Testosteronspiegel (2,5te Perzentile) ermittelt, die einen Grenzwert von 9,2 nmol/l (2,64 ng/ml) für das Gesamt-Testosteron ergaben. Werte unterhalb von 6,9 nmol/l (< 2,00 ng/ml) sind auffällig und gegebenenfalls, sofern die klinische Symptomatik eines Androgenmangels besteht, auch therapiebedürftig. Werte zwischen 6,9 nmol/l und 13,9 nmol/l (2,00 – 4,00 ng/ml) sollten kontrolliert und dabei zusätzlich das freie Testosteron bestimmt werden (berechnet aus Gesamt-Testosteron und SHBG).
Empfehlung für die Labordiagnostik