Wissen rund um die Praxis, Digitalisierung

Negative Praxisbewertungen im Internet – Empfehlungen für Praxisinhaber

Praxisbewertungen sind im Zeitalter des Internets und der sozialen Medien mittlerweile weit verbreitet. Sie können Patientinnen und Patienten dabei helfen, die richtige Wahl zu treffen, wenn es darum geht, eine Praxis oder anderweitige medizinische Einrichtung auszuwählen. Auch Ärztinnen und Ärzte können Praxisbewertungen für die Vermarktung und Reputation ihrer Praxis nutzen. Doch was passiert, wenn die eigene Praxis plötzlich negative Bewertungen erhält bzw. wie sollte und darf darauf reagiert werden?

Bewertungen von Arztpraxen: Was sagen sie aus?

Bevor sich Patientinnen und Patienten für eine medizinische Einrichtung entscheiden, machen sich laut einer repräsentativen Umfrage 55 % der Befragten ein erstes Bild anhand des Online-Auftritts. Dazu zählen neben der praxiseigenen Website auch immer öfter Bewertungsportale wie Google, Jameda oder Sanego. Dort können Arztpraxen anhand von Punkteskalen, Sternchen, Schulnoten oder Kommentaren bewertet werden. Auf den ersten Blick bieten diese Bewertungssysteme mehr Transparenz für Patientinnen und Patienten. Doch wie sind die Bewertungen hinsichtlich ihrer Seriosität und Aussagekraft einzuschätzen? Hier kommt es entscheidend auf die realistische Einordnung durch die Nutzerinnen und Nutzer an. In der Regel handelt es sich um subjektive ungefilterte Meinungsäußerungen. Diese spiegeln in vielen Fällen die Qualität der Praxis realistisch wieder jedoch bergen sie auch die Gefahr einer verzerrten Darstellung. Zur Entscheidungsfindung ist die Betrachtung des Gesamtbildes der Bewertungen wichtig, im Idealfall unter Einbeziehung weiterer Quellen. Extrem negative wie auch auffällig positive Bewertungen sollten von Nutzerinnen und Nutzern durchaus kritisch hinterfragt werden.

Wieviel Kontrolle haben die Bewertungsportale?

Bundesärztekammer und Verbraucherschützer sehen vor allem kommerzielle Bewertungsportale mitunter kritisch. Auch wenn die Bewertungsportale verschiedene Sicherheitsmechanismen zum Schutz vor Missbrauch, Manipulation und Beleidigungen installiert haben, bleibt eine Kontrolle der Einträge hinsichtlich Qualität und Verlässlichkeit schwierig. So ist zum Beispiel kaum nachzuvollziehen, ob die bewertende Person wirklich Patientin oder Patient der Praxis ist. Viele Bewertungsportale bieten als optionale Leistung sogenannte Premium-Profile an. Ärztinnen und Ärzte bezahlen für diese erweiterten Profile, in denen neben zusätzlichen Informationen rund um die Praxis zum Beispiel auch Werbung geschaltet werden kann. Eine Studie zeigte, dass bezahlte Profile im Durchschnitt bessere Bewertungen erhielten als unbezahlte. Dies lässt bei einigen Ärztinnen und Ärzten den Verdacht aufkommen, dass bei bezahlten Profilen Negativkritiken häufiger blockiert werden; wobei Plattformbetreiber das Gegenteil beteuern.

Negative Bewertung: Erstmal Ruhe bewahren!

So ärgerlich negative Praxisbewertungen auch sind – sie sind kein Einzelfall und oftmals nicht zu vermeiden. Selbst wenn objektiv alles getan wurde, um Patientinnen und Patienten zufriedenzustellen, werden einzelne Personen dies subjektiv anders empfinden. Deshalb sollten negative Bewertungen nicht persönlich genommen, sondern als Chance zur eigenen Reflexion, zur Identifikation von Verbesserungspotentialen und zur aktiven Interaktion und Kommunikation mit Patientinnen und Patienten gesehen werden. Häufig betreffen negative Praxisbewertungen nicht die medizinische Qualifikation oder Kompetenz der Ärztin oder des Arztes, sondern vielmehr Themen rund um die Praxisorganisation wie Terminvergabe, Erreichbarkeit, Freundlichkeit und Wartezeiten. Oftmals entstehen sie auch nur aufgrund von Kommunikationsproblemen. In diesen Fällen kann eine Überprüfung und Optimierung des Praxismanagements Abhilfe schaffen. Nichtsdestotrotz können negative Praxisbewertungen rufschädigend sein und die Neugewinnung von Patientinnen und Patienten maßgeblich erschweren, weshalb der richtige Umgang mit ihnen von großer Bedeutung ist.

Die richtige Reaktion – eine rechtliche Gratwanderung

Grundsätzlich signalisiert eine Auseinandersetzung mit negativen Bewertungen Kritikfähigkeit und Wertschätzung gegenüber der Patientin oder dem Patienten und ermöglicht dem Praxisinhaber eine Richtigstellung bzw. Erläuterung des Sachverhaltes. Ärztinnen und Ärzte befinden sich hierbei jedoch in einem rechtlichen Dilemma: Durch eine öffentliche Kommentierung laufen sie Gefahr die ärztliche Schweigepflicht zu verletzen. Allein die Reaktion auf eine Bewertung kann, wenn die Patientin bzw. der Patient zum Beispiel durch die Verwendung von Klarnamen identifizierbar ist, indirekt als eine Bestätigung des „Arzt-Patienten-Verhältnisses“ gesehen werden. Laut § 9 der Berufsordnung und § 203 StGB dürfen durch die Ärztin bzw. den Arzt jedoch keine ihr oder ihm anvertrauten Informationen zur Patientin bzw. zum Patienten und/oder der Behandlung öffentlich gemacht werden.. Dies macht es Ärztinnen und Ärzten in vielen Fällen annähernd unmöglich zu geäußerten Kritikpunkten adäquat Stellung zu beziehen, da sie über das Behandlungsverhältnis keinerlei Angaben machen dürfen. Entscheidet man sich dennoch für eine Antwort, muss diese dementsprechend sehr allgemein gehalten werden. Man sollte sachlich und emotionslos argumentieren sowie ggf. mögliche Lösungsansätze aufzeigen. Öffentliche Reaktionen sollten zudem immer professionell, respektvoll und freundlich formuliert werden, da sie von neuen Patientinnen und Patienten gelesen werden. Ein defensiver oder negativer Ton kann möglicherweise abschreckend wirken. Hat der Bewertende im Vorfeld einer privaten Kontaktierung zugestimmt, so kann dies der Ärztin oder dem Arzt die nicht-öffentliche Kontaktaufnahme zur Problemlösung ermöglichen. In vielen Fällen kann jedoch anstelle einer Kommentierung die Löschung von negativen Bewertungen ein sinnvolleres Vorgehen sein. Dies ist jedoch nur zulässig, wenn die Bewertungen rechtlich angreifbar sind. Hierzu müssen sie zum Beispiel Beleidigungen, Verleumdungen oder unwahre Tatsachenbehauptungen enthalten. Die Ärztin oder der Arzt kann dann zur Wahrung seiner Persönlichkeitsrechte die Löschung einzelner Bewertungen beim Portalbetreiber verlangen. Hierzu bieten die meisten Portale Beanstandungsfunktionen auf ihren Plattformen an. Einen Anspruch auf komplette Löschung des eigenen Profils gibt es laut Datenschutz-Grundverordnung jedoch nicht.

Fazit

Negative Praxisbewertungen können die Reputation der Ärztin bzw. des Arztes angreifen und negative Folgen für die Patientengewinnung haben. Sie werden im klinischen Arbeitsalltag jedoch nie ganz zu vermeiden sein, was einen angemessenen und professionellen Umgang mit ihnen notwendig macht. Hierbei stehen dem Praxisinhaber verschiedene Möglichkeiten wie Löschung, Ignorierung oder Kommentierung zur Verfügung. Bei letzterer muss jedoch durch bedachte Formulierungen die Wahrung der ärztlichen Schweigepflicht sichergestellt werden.

 

Referenzen:

  1. bitkom: Mehr als die Hälfte liest Arztbewertungen im Internet https://www.bitkom.org/Presse/Presseinformation/Haelfte-liest-Arzt-Bewertungen-Internet; zuletzt abgerufen am 17.04.2023
  2. Ärzte Zeitung: Arztbewertungen im Internet zeigt Wirkung auf Praxiszulauf https://www.aerztezeitung.de/Wirtschaft/Arztbewertung-im-Internet-zeigt-Wirkung-auf-Praxiszulauf-301024.html; zuletzt abgerufen am 17.04.2023
  3. NDR: Arztbewertungen. Wie seriös sind Portale? https://www.ndr.de/ratgeber/verbraucher/Arztbewertungen-Wie-serioes-sind-Portale-wie-Jameda,aerztebewertungen100.html; zuletzt abgerufen am 17.04.2023
  4. Zeit: Zu welchem Arzt würden Sie gehen? https://www.zeit.de/2018/04/jameda-aerzte-bewertungsportal-profile-bezahlung?utm_referrer=https%3A%2F%2Fwww.ndr.de%2Fratgeber%2Fverbraucher%2FArztbewertungen-Wie-serioes-sind-Portale-wie-Jameda%2Caerztebewertungen100.html; zuletzt abgerufen am 17.04.2023
  5. Medikom: Unternehmen Arztpraxis: Praxisbewertungen https://medikom.org/blog/11-bewertungen-arztpraxis-negative-rezensionen/; zuletzt abgerufen am 17.04.2023
  6. Ärzteblatt: Bewertungsprotale: Wann sich Ärzte wehren sollten https://www.aerzteblatt.de/archiv/208481/Bewertungsportale-Wann-sich-Aerzte-wehren-sollten; zuletzt abgerufen am 17.04.2023
  7. Ärzteblatt: Empfehlungen zur ärztlichen Schweigepflicht, Datenschutz und Datenverarbeitung in der Arztpraxis https://www.aerzteblatt.de/archiv/160315/Empfehlungen-zur-aerztlichen-Schweigepflicht-Datenschutz-und-Datenverarbeitung-in-der-Arztpraxis-1; zuletzt abgerufen am 17.04.2023
  8. Arzt & Wirtschaft: Wie Arztpraxen mit Google-Bewertungen umgehen sollten https://www.arzt-wirtschaft.de/recht/wettbewerbsrecht/wie-arztpraxen-mit-google-bewertungen-umgehen-sollten/; zuletzt abgerufen am 17.04.2023
  9. Ärzte Zeitung: Jameda muss Arztprofile nicht löschen https://www.aerztezeitung.de/Wirtschaft/Jameda-muss-Arztprofile-nicht-loeschen-409035.html#:~:text=Frankfurt%2FMain.,eine%20vollst%C3%A4ndige%20Listung%20aller%20%C3%84rzte; zuletzt abgerufen am 17.04.2023

Ihr Ansprechpartner

Dr. Martin Hampel
news@limbachgruppe.com

 

zurück zum Blog

 

Um diese Webseite für Sie optimal zu gestalten und Zugriffe zu analysieren, verwenden wir Cookies. Mit Klick auf Zustimmen erklären Sie sich damit einverstanden. Ihre Zustimmung können Sie jederzeit widerrufen. Erfahren Sie mehr in unserer Datenschutzerklärung